Ausführungszeitraum: Juni 2016
Anlass und Zweck des Projekts: Im Zuge der Kartierungen für eine geplante Gleiserneuerung auf der Strecke 5704 (Landl-Rohrdorf) wurde in bestimmten Abschnitten entlang der Bahnstrecke u.a. die FFH Anhang-IV-Art Zauneidechse (Lacerta agilis) nachgewiesen. Baubedingt kommt es damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Zauneidechsenpopulation (Verlust von Zauneidechsen und deren Lebensraum). Im Rahmen des Landschaftpflegerischen Begleitplans (Bosch & Partner) wurden CEF- und Vermeidungsmaßnahmen (Abfangen) sowie FCS-Maßnahmen (Optimierung eines Ersatzlebensraumes für die Zauneidechse) erarbeitet. Die GFN-Umweltplanung war mit der Umweltbaubegleitung bei der Maßnahmenausführung sowie mit dem Fang und der Umsiedlung der Zauneidechsen beauftragt.
Aussetzungsfläche: Ca. 4,5 km vom Fangort entfernt wurden auf der Aussetzungsfläche vorbereitend geeignete Ersatzlebensräume geschaffen. Geeignet bedeutet, dass maßgebliche Habitatelemente wie Versteckmöglichkeiten, Sonnplätze, Jagdflächen, Eiablageplätze, Temperaturgradienten und Winterquartiere in einem kleinflächigen Mosaik vorhanden sein müssen. Hierzu wurden insgesamt sechs Dreiergruppen aus den drei Strukturelementen Steinschüttung, Totholzhaufen und Sandablagerung angelegt. Zusätzlich wurde ein temporärer Reptilienschutzzaun aufgestellt, der ein Einwandern der Individuen in die angrenzende Baustelle verhindert. Um zu gewährleisten, dass den umgesiedelten Tieren im neuen Habitat ausreichend Nahrung zur Verfügung steht, wurde außerdem mit Wachsmottenlarven zugefüttert.
Fangmethodik: Um das Abfangen der Zauneidechsen zu erleichtern, war ein vorheriges Mähen der Abfangfläche essentiell. Der Fang der Tiere erfolgte entweder mit Streifnetzen oder per Hand. Stellenweise wurden Tiere aus ihren Verstecken in Mauselöchern oder im Gleisschotter vorsichtig ausgegraben. Die gefangenen Tiere wurden in Stoffbeutel eingesetzt und anschließend in einer gekühlten Box (im Stoffbeutel) zwischengehältert. Zwischendurch wurden die bis dahin gefangenen Tiere zur Aussetzungsfläche gebracht und dort direkt an den angelegten Zauneidechsen-Habitatelementen ausgesetzt.
Ergebnis Fang und Umsiedlung: Insgesamt konnten an vier Tagen (Fangdauer 6-8h/pro Tag) 28 Tiere aus dem Eingriffsbereich abgefangen werden. Dabei handelte es sich um 22 Zauneidechsen, vier Waldeidechsen und zwei Blindschleichen. Bei einem geschätzten Gesamtbestand von 75 Zauneidechsen und 25 Waldeidechsen auf der ca. 0,5 ha großen Abfangfläche liegt der Anteil der gefangenen und umgesiedelten Zauneidechsen bei 29,3%, der Anteil der umgesiedelten Waldeidechsen bei 16%. Angesichts der Tatsache, dass lediglich vier Termine für den Abfang der Tiere zur Verfügung standen, ist das Fangergebnis als relativ gut einzuschätzen. Im Normalfall sollten mindestens zehn Fangtermine im Jahresverlauf angesetzt werden, um einen Großteil der Population (über 80%) abzufangen. Für die Zielart Zauneidechse besteht nach der Umsiedlung von 22 adulten und subadulten Tieren, die Hoffnung, dass sich im Ersatzlebensraum eine reproduktive Population etablieren kann. Die Erfolgskontrolle in den kommenden Jahren bleibt abzuwarten.
Aufgetretene Probleme und Hinweise für künftige Planungen: Gleiserneuerungsarbeiten sind mit Streckensperrungen verbunden. Daher ist der Termin für die Maßnahme nicht in Abhängigkeit von Artenschutzmaßnahmen verschiebbar. Leider werden die landschaftsökologischen Planungen (LBP, Fachbeitrag Artenschutz) derzeit vielfach deutlich zu spät beauftragt, so dass bis zum Baubeginn nicht mehr genügend Zeit verbleibt, um CEF-Maßnahmen auszuführen bzw. Fangmaßnahmen mit ausreichender Intensität durchzuführen. So mussten die hier vorgestellten Umsiedlungsmaßnahmen unter hohem Zeitdruck begleitet und durchgeführt werden. Außerdem wurde zeitgleich an einem Ende der Fangstrecke ein weiteres Vorhaben der Bahn realisiert (Neubau eines Gewässerdurchlasses), das mit der Gleiserneuerung hinsichtlich der Artenschutzbelange nicht abgestimmt war. Es konnte mit Hilfe der Bahn erreicht werden, dass während der Fangzeiten in den benachbarten Flächen keine Bauarbeiten durchgeführt werden. Naturschutzbehörden und Planer sollten bei künftigen Projekten bedenken, dass Erschütterungen und menschliche Aktivitäten im Umfeld der Fangflächen den Fangerfolg stark verringern können.